Citizen Science

Was haben der Mönch Gregor Mendel, die Fossiliensammlerin Mary Anning und der Politiker Benjamin Franklin gemeinsam? Alle drei sind berühmte „Citizen Scientists“. Ohne eine Ausbildung für ihr Forschungsgebiet zu haben, machten sie bedeutende wissenschaftliche Entdeckungen. Wer neugierig die Welt entdeckt, kann durch Citizen Science selbst zur Hobbyforscherin bzw. zum Hobbyforscher werden: Tiere und Pflanzen beobachten, Sprachen analysieren, das Wetter erforschen – alles ist möglich!

Ist Citizen Science neu?

Nein. Menschen sind wissbegierige Wesen. Seit eh und je machen sie sich unabhängig von Herkunft, Alter oder Geschlecht Gedanken über die Entstehung der Welt und ihre geheimnisvollen Vorgänge. Sie beobachten, dokumentieren und ziehen Schlüsse aus ihrem gesammelten Wissen. Die Teilung zwischen Amateur/innen und Forscher/innen vollzog sich erst mit der Institutionalisierung der Wissenschaft im 19. Jahrhundert. Begeisterte Citizen Scientists wie Vogelbeobachter/innen, Pflanzenkundler/innen und Sterngucker/innen, die ihrer Leidenschaft in ihrer Freizeit nachgehen, sind bis heute z.B. in Vereinen, Organisationen etc. zu finden.

Welche Rolle spielen Technologien?

Moderne Technologien wie GPS, Internet und Smartphones unterstützen den Aufschwung von Citizen Science. Mit ihrer Hilfe ist mitforschen von fast überall und rund um die Uhr möglich. Heute können Interessierte u.a. die Rechenleistung ihres Computers für wissenschaftliche Berechnungen zur Verfügung stellen, mit Sensoren Umweltparameter messen, mit Handys Fotos von Tieren und Pflanzen machen, auf einer Plattform neue Forschungsfragen posten oder durch Online-Spiele wissenschaftliche Lösungen anbieten.

Citizen Science ist vielfältig

Das Citizen-Science-Konzept entwickelt sich stetig weiter. Aufgrund der verschiedenen Themen, wissenschaftlichen Disziplinen und auch Kulturen ist eine einheitliche Definition von Citizen Science sehr schwierig (siehe Literatur, Punkt „Definitionen“). Eine Orientierungshilfe bieten die 10 Citizen-Science-Prinzipien der European Citizen Science Association (2015). Diese legen wichtige Voraussetzungen für eine gute Citizen-Science-Praxis fest. Die wichtigsten Kernaussagen sind: 

  1. Citizen-Science-Projekte binden Bürgerinnen und Bürger aktiv in wissenschaftliche Unternehmungen ein, die zu neuem Wissen führen.
  2. Citizen-Science-Projekte führen zu echten wissenschaftlichen Ergebnissen.
  3. Alle Teilnehmenden profitieren von der Teilnahme, sowohl die institutionell beschäftigten Forschenden als auch die ehrenamtlich Beteiligten.
  4. Wenn sie möchten, können sich Citizen Scientists an verschiedenen Phasen im Prozess beteiligen.
  5. Citizen Scientists erhalten Feedback vom Projekt.
  6. Citizen Science ist ein Forschungsansatz, der wie andere auch Grenzen und Vorannahmen hat, die berücksichtigt und kontrolliert werden müssen.
  7. Die Daten und Metadaten aus Citizen-Science-Projekten werden öffentlich zugänglich gemacht und die Ergebnisse soweit möglich in einem Open-Access-Format publiziert.
  8. Citizen Scientists wird Dank und Wertschätzung in den Projektergebnissen und -publikationen ausgesprochen.
  9. Die Evaluierung von Citizen-Science-Programmen erfolgt auf Grundlage der wissenschaftlichen Ergebnisse, der Qualität der Daten, des Mehrwerts für die Beteiligten sowie der breiteren gesellschaftlichen Wirkung.
  10. Die Projektverantwortlichen berücksichtigen bei sämtlichen Aktivitäten rechtliche und ethische Aspekte, die Urheberrechte, Rechte des geistigen Eigentums, Datenprotokolle, Vertraulichkeit, Verantwortlichkeiten oder Auswirkungen auf die Umwelt betreffen.